Es sind noch Sommerferien –
Bei einem Besuch im Dom zu Hildesheim werde ich auf eine Darstellung der „Misericordia“, der „Barmherzigkeit“ aufmerksam. Es erstaunt mich, dass die „Misericordia“, die personifizierte Barmherzigkeit, auf dem berühmten Taufbrunnen aus dem Jahr 1220 dargestellt ist.
Ich weiß, die Darstellung bezieht sich auf die Rede Jesu über das Jüngste Gericht (Mt. 25.31-44). Was hat das mit meiner Taufe zu tun?
Es ist der Auftrag, den jeder bei seiner Taufe erhält: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Kranke, Alte, Gefangene besuchen.
Wie komme ich mit diesem Anspruch zurecht?
Die „Misericordia“ sieht froh aus, zufrieden, sieht glücklich aus.
Wie geht es mir denn, wenn ich Kranke besuche, Hungernden zu essen gebe, Trost Suchende tröste? Ist das nicht das eigentliche Glück, mit anderen zu teilen, anderen ein Stück ihrer Last abzunehmen oder zumindest mitzutragen?
Das beeindruckt mich an dieser Darstellung auf dem Taufbrunnen: Die Gelassenheit der „Misericordia“, und es fällt mir das Sprichwort ein: „Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude“.
Und dann lese ich beim Evangelisten Matthäus:
„Selig, die barmherzig sind; denn sie werden Erbarmen finden.
Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.“ (Mt. 5.1-7)
Text: Sr. Ingeborg Wirz OSU
Foto: Sr. Ingeborg Wirz OSU